Bevor Sie verhandeln, müssen Sie mehr darüber wissen, welche Rechte der Arbeitgeber hat, eine bestehende Versorgungsordnung zu verändern.

 

 

Ein Auftraggeber haftet grundsätzlich für die Versorgungsverpflichtungen, die er mit den Versorgungsversprechen nach der VO erteilt hat. Er ist nach der Rspr. des BAG grundsätzlich berechtigt, Versorgungszusagen abzuändern. Dieses ist aber an besondere Bedingungen geknüpft. Dabei wird nach der Drei-Stufen-Theorie des BAG unterschieden, ob es sich um

 

  • die bis zum Stichtag erdienten Anwartschaften
  • die bis zum Stichtag erdienten Dynamiken von Anwartschaften oder
  • die noch nicht erdienten, dienstzeitabhängigen Zuwachsraten

handelt.

 

Das BAG begründet die ständige Rechtsansicht damit, dass der Arbeitnehmer zum Änderungszeitpunkt seine Leistung bereits ganz oder teilweise erbracht hat. Deshalb kann sich der Arbeitgeber seiner Pflicht zur entsprechenden Gegenleistung nicht mehr entziehen. Der Schutz ergibt sich aus dem Vertrauensschutz sowie dem Entgelt-Charakter der bAV. Diesen Schutz hat der Gesetzgeber in § 2 BetrAVG zum Ausdruck kommen lassen. Deshalb hat er den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 1 GG.

 

Geht es dabei um die zukünftige Steigerung der noch zu erdienenden Anwartschaften, so genießen diese den geringsten Schutz. Damit sind zwar auch erst in der Zukunft entstehende Zuwächse von Versorgungsanwartschaften geschützt, jedoch kann der Arbeitgeber diesen Eingriff leichter nachweisen, so dass als in anderen Fällen. Diese Fragestellung wurde durch das BAG in der Entscheidung vom 10.11.2015 wie folgt beurteilt:

 

„Unter sachlich-proportionalen Gründen sind nachvollziehbare, anerkennenswerte und damit nicht willkürliche Gründe zu verstehen. Diese können auch auf einer Fehlentwicklung der betrieblichen Altersversorgung oder auf einer wirtschaftlich ungünstigen Entwicklung des Unternehmens beruhen.“

 

Beruft sich der Arbeitgeber - wie häufig - auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die sich z.B. aus der Übernahme eines gekauften Betriebes ergeben haben, som müssen die sachlichen Gründe für den Eingriff nicht  für einen triftigen Grund der 2. Stufe , sondern sachliche Gründe gegeben sien. Eine langfristig unzureichende Eigenkapitalverzinsung oder eine langfristige Substanzgefährdung ist nicht erforderlich. Demgegenüber liegen sachliche Gründe nicht erst dann vor, wenn die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens konkret gefährdet ist oder ein IInsolvenzverfahren droht.

Entscheidend ist, ob solche wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorliegen, auf die ein vernünftiger Unternehmer reagieren darf. Dabei ist der Begriff des vernünftigen Unternehmers nicht zu verwechseln mit einer „vernünftigen kaufmännischen Beurteilung“ im Sinne des § 253 HGB, sondern es kommt darauf an, ob der vernünftige Unternehmer nach wirtschaftlichem Gewicht zum Wohl des Unternehmens handelt.

So führt das BAG in der Entscheidung vom 10.11.2015 weiter aus:

 

„Darüber hinaus müssen die Gründe für einen Eingriff in die betriebliche Altersversorgung „proportional“ sein.

Beruft sich der Arbeitgeber darauf, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten ihn veranlasst hätten, die Kosten zu reduzieren, so stehen ihm sachlich-proportionale Gründe zur Seite, wenn die Eingriffe … in der eingetretenen wirtschaftlichen Situation nicht unverhältnismäßig waren.

Dies ist dann der Fall, wenn die Neuregelung … in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse nicht weiter eingreift, als ein vernünftiger Unternehmer ist zur Kosteneinsparung der konkreten wirtschaftlichen Situation für geboten erachten durfte. Da reicht es aus, dass der Eingriff in das betriebliche Versorgungswerk in einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zur Beseitigung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten ausgelegtes Gesamtkonzept eingepasst und die Ausgestaltung dieses Gesamtkonzeptes plausibel ist. Anderweitige Maßnahmen zur Kosteneinsparung müssen nicht ausgeschöpft sein, bevor Eingriffe in zukünftige Zuwächse vorgenommen werden. Unternehmerische Entscheidungen, die auf den 1. Blick der Kostenreduzierung zuwiderlaufen, müssen jedoch einleuchtend sein.“

 

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, für diese Gründe ein Sachverständigengutachten vorzulegen, jedoch kann er die ungünstige wirtschaftliche Lage nicht als Grund zum Eingriff in die Anwartschaften anführen. Sollte sich trotzdem ein Anwärter melden, so müsste dieser den Auftraggeber auf die Zahlung der Rente verklagen. Dabei hätte der Arbeitgeber folgende Darlegungslast nach der Rechtsansicht des BAG:

 

„Der Arbeitgeber hat im Prozess substantiiert darzutun, welche wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorliegen, in welchem Gesamtumfang angesichts dessen eine Kosteneinsparung aus Sicht eines vernünftigen Unternehmens geboten war und wie das notwendige Einsparvolumen ermittelt wurde.

Darüber hinaus hat er sein Gesamtkonzept zu erläutern. Hierzu hat er sämtliche anderen Maßnahmen im Einzelnen darzulegen, die zur Kosteneinsparung getroffen wurden.

Zudem ist vorzutragen, in welchem Umfang diese Maßnahmen bei prognostischer Betrachtung zur Einsparung beitragen und wie das auf die durchgeführten Maßnahmen entfallende Einsparpotenzial ermittelt wurde.

Ferner ist darzutun, in welchem Umfang die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung zur Kosteneinsparung beiträgt und nach welchen Kriterien das prognostizierte Einsparvolumen ermittelt wurde.

Auf entsprechenden Einwand des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber erläutern, weshalb anderweitige Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten nicht getroffen wurden und unternehmerische Entscheidungen, die auf den 1. Blick dem Ziel der Kostenreduzierung zuwiderlaufen, erklären.“

 

Quelle: BAG vom 10.11.2015 – 3 AZR 390/14 m.w.N.;  BetrAV 2016 S. 154

 

 

 
 
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